bookmark_borderEva Illouz: Warum Liebe endet — Eine Soziologie negativer Beziehungen

Eigentlich wollte ich ja unbedingt den gerade auch im deutschen Buchhandel erschienenen Roman Faux départ (dt. Fehlstart) der jungen französischen Autorin Marion Messina lesen, um die als neuer, weiblicher Houellebecq viel Wirbel gemacht wird. Doch dann kam mir die Soziologin Eva Illouz dazwischen, deren spannende Thesen seit einiger Zeit immer wieder auftauchen — und ich bin neugierig geworden. Vor allem, weil ihre genauen Beobachtungen über die verwandelten sexuellen und romantischen Beziehungsmuster in unserer vernetzten Gesellschaft ein ziemlich gutes Hintergrundpanorama für eine Lektüre von Faux départ darstellen könnten.

Eva Illouz, die schon in einigen richtungsweisenden Publikationen die Veränderung der romantischen Beziehungen im Kontext von Kapitalismus, Massenmedien und Konsumgesellschaft analysiert hat, setzt sich in Warum Liebe endet mit der Kehrseite der sexuellen Freiheit auseinander, untersucht das als marktlogische Konsequenz der gestiegenen Wahlfreiheit entstandene Spannungsverhältnis von Autonomie und Bindung und deckt mit scharfem Blick tradierte und neue Machtstrukturen auf, die die allseits postulierte Autonomie des modernen Menschen unterlaufen und eine tiefe emotionale Unsicherheit hervorrufen.

Die Argumentation des Textes ist dabei explizit soziologisch: Die Autorin, Professorin für Soziologie in Jerusalem und Paris, betont diesen auf die Gesamtgesellschaft gerichteten Blickwinkel und hält ihn für eine notwendige Ergänzung der psychologischen Disziplin, zumal sie deren therapeutische Herangehensweise an das emotional verunsicherte Selbst in der Moderne als dem vom Kapitalismus nicht zu trennenden Autonomiestreben inhärente und damit systemimmanente Methodik betrachtet; und schon gar nicht will sie das Feld den Optimierungs- und Lifestyle-Ratgebern überlassen, selbst Ausdruck einer technisierten Konsumlogik, die diese eher verschleiern als aufarbeiten. Eine soziologisch motivierte Analyse der Liebesbeziehungen kann im Gegensatz dazu und über Einzelfälle hinaus Aufschluss geben über das Wesen sozialer Interaktion in unserer heutigen Gesellschaft.

Aus dieser Perspektive beschreibt Eva Illouz auf absolut überzeugende, nachvollziehbare, kritische, aber keinesfalls moralisierende Weise, wie die zunehmende Sexualisierung und Technologisierung die Struktur der Beziehungen und Nicht-Beziehungen (also der scheiternden oder vermiedenen oder einseitigen oder unklaren „Beziehungen“) tiefgreifend verändern, wie die Kategorie der sozialen Klasse durch den allgemeinen und vor allem auf visuellem Feld ausgetragenen kapitalistischen Wettbewerb ersetzt worden ist („skopischer Kapitalismus“), wie die Inszenierung von „Sexyness“ Liebende in Konsumenten verwandelt, wie Wahlfreiheit und Überangebot zu unterschwelliger Machtausübung und Unverbindlichkeit führen und wie dadurch letztlich eine ontologische Ungewissheit entsteht (das Ich fühlt sich in seiner Autonomie bedroht und ist sich selbst der eigenen Gefühle und Wünsche nicht mehr sicher), die ihrerseits instabile Beziehungen begünstigt.

Für ihre wahrlich komplexe Analyse, die sich jeder Simplifizierung und voreiliger Schlüsse enthält und dennoch erstaunlich flüssig zu lesen ist, zieht die Autorin soziologische, psychologische, philosophische, aber auch wirtschaftliche Forschungsliteratur ebenso heran wie Filme, Werke der Literaturgeschichte von Trollope bis Houellebecq und technologische Anwendungen und Phänomene (Tinder, Sexting). Ein plastisches, realitätsbezogenes, differenziertes Bild heutiger (Nicht-)Beziehungen entsteht auch durch die Integration zahlreicher aufschlussreicher und vielfältiger Interviews mit Männern und Frauen verschiedenen Alters und unterschiedlicher sexueller Ausrichtung über ihre Erfahrungen und Einstellungen sexueller und emotionaler Art. Diese Kombination von konkreten, aus dem Leben gegriffenen Beispielen und der Herausarbeitung überindividueller Strukturen gesellschaftlicher Interaktion sorgt für einen großen Erkenntnisgewinn. So gelingt es der Autorin, Widersprüchliches in unseren Gefühlen und Beziehungen aufzudecken, unsichtbare Kräfte und verdeckte Asymmetrien (insbesondere in Bezug auf die Geschlechterrollen) in unserer scheinbar emanzipierten Gesellschaft zu entlarven.

Ein absolut lesenswertes Buch, das in klarer Sprache formuliert, was man so oder so ähnlich vielleicht unbewusst auch schon empfunden, aber selten so umfassend, hellsichtig und nuanciert gelesen hat.

Eva Illouz: Warum Liebe endet — Eine Soziologie negativer Beziehungen, Suhrkamp (2018)
Aus dem Englischen von Michael Adrian
ISBN: 9783518587232

bookmark_borderClarice Lispector: Perto do coração selvagem

Hand aufs wilde Herz — wer kennt Clarice Lispector (1920-1977), die ukrainisch-brasilianische Schriftstellerin mit dem faszinierenden Namen, und wer hat schon einmal etwas von ihr gelesen? Bestimmt nicht viele, schließlich sind noch längst nicht alle ihre Werke ins Deutsche übersetzt. Dabei ist sie, die zu Lebzeiten eine angesehene Journalistin und geheimnisumwitterte Autorin anspruchsvoller Prosa war, nicht weniger schillernd und modern, sich ebenso literarischen oder das soziale Geschlecht betreffenden Zuschreibungen entziehend, wie Virginia Woolf, mit der sie bisweilen verglichen wird. Doch es scheint — ich hoffe es sehr — als würde Lispectors Literatur seit kurzem auch bei uns wieder oder neu entdeckt werden. Immerhin hat der Penguin Verlag gerade zum ersten Mal ihre Kurzprosa in deutscher Übersetzung unter dem schönen Titel Tagtraum und Trunkenheit einer jungen Frau veröffentlicht, und seit ein paar Jahren kann man in der umfangreichen Biographie von Benjamin Moser, die im Schöffling Verlag erschienen ist, der seinerseits Romane von ihr in neuer Übersetzung herausgibt, auch intensiv in Leben und Schreiben dieser Frau eintauchen, deren extravagante Texte einen Sog entwickeln, der zugleich irritierend und faszinierend, vor den Kopf stoßend und poetisch ist.

Ich möchte hier allen Lesern mit einem offenen Herzen für wilde Prosa Clarice Lispectors ersten Roman ans Herz legen. Sie schrieb ihn als ganz junge Frau mit Anfang 20 und gab ihm den Titel Perto do coração selvagem (Nahe dem wilden Herzen), ein Zitat aus James Joyce Portrait of the Artist as a Young Man.

1944, als der Roman erschien, hatte sich Clarice Lispector gerade gegen den Willen der Eltern mit einem brasilianischen Konsul vermählt, mit dem sie zwei Kinder haben und die meiste Zeit ihrer Ehe im Ausland verbringen würde. 1959 lässt sie sich scheiden, kehrt nach Brasilien zurück und zieht ihre Söhne alleine auf. Die journalistische Arbeit dient ihr hauptsächlich als Broterwerb, während sie parallel ihre literarischen Projekte voranbringt, zahlreiche Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht, ehe sie 1977 an Krebs stirbt. Auch wenn Clarice Lispector, die nach der Ankunft in Brasilien einen portugiesischen Vornamen bekommt und im Unterschied zu ihren Eltern mit der portugiesischen Sprache und der brasilianischen Kultur aufwächst, scheint sie doch zeitlebens ihre Identität als etwas Flüchtiges und Multiples zu begreifen und über ihr Schreiben zu greifen versuchen. Über ihre Herkunft hält sie sich bedeckt und verschleiert auch ihr wahres Geburtsdatum: Tatsächlich wurde sie 1920 in einem jüdischen Schtetl in der Ukraine geboren und floh noch als Kleinkind wegen nationalistischer und kommunistischer Pogrome mit ihrer Familie über Deutschland nach Brasilien. (Einen schönen ersten Einblick in Biographie und Werk gibt F. P. Ingold in der Zürcher Zeitung: „Das Geheimnis der Sphinx“.)

Mit „Tagtraum und Trunkenheit einer jungen Frau“, der deutsche Titel ihrer Kurzprosa, ließe sich auch ihr erster Prosatext ziemlich gut charakterisieren. In Nahe dem wilden Herzen geht es um eine junge Frau, Joana, und ihre rastlose Suche nach einem Ausdruck ihres immer wieder als fluide wahrgenommenen Selbst und des komplexen Verhältnisses von Ich und Welt, das sie in Worte zu fassen sucht, die sich im Prozess des Formulierens, ja eigentlich während sie nur gedacht werden, bereits wieder entziehen. Und so wird Joanas Leben von der Kindheit bis in die jungen Erwachsenenjahre hinein in einer losen, unsteten, assoziativen Weise erzählt, einzelne Phasen ihres Lebens werden in wenigen, extrem verdichteten und oft onirisch verfremdeten Szenen heraufbeschworen, Schwebezustände zwischen Wachsein und Schlaf oder Traum ausgelotet, in denen die mäandernde, sich stets neu formende und nie still stehende Gedankenwelt einer weiblichen Stimme imaginiert wird, wobei selbst das Weibliche alles andere als eine stabile, klar umrissene Größe darstellt. Es ist ein Schreiben, das ganz aus dem Inneren heraus zu entstehen scheint, das ein wenig den Bewusstseinsströmen bei Virginia Woolf oder James Joyce verwandt ist, und doch etwas ganz eigenes hervorbringt.

Anstatt einer kausalen und temporalen Ordnung schafft Clarice Lispector ein nicht klar voneinander zu trennendes Ineinander von eher spärlicher Handlung und subtilen, unterschwelligen Empfindungen. Man muss sich auf die Lektüre einlassen und bereit sein, sich ihr in gewisser Weise ebenso intuitiv hinzugeben wie Joana sich ihren Protogedanken in den frühen Morgenstunden hingibt, wenn das Gehirn noch nicht auf seinen rationalen Modus umgeschaltet hat. Auch um den Preis, wie Joana ein gewisses Ungenügen zu verspüren, wenn die bezaubernde, berauschende Idee einem im nächsten Moment schon wieder entgleitet. Doch vielleicht liegt gerade darin das Wesen der Freiheit, der Wahrheit, der Ewigkeit? Joana weiß, dass sie die Dinge nur fühlen kann, ohne sie zu besitzen („sentir a coisa sem possuí-la“, S. 22), denn die Kehrseite wäre, von den Dingen besessen zu werden („E havia um meio de ter as coisas sem que as coisas a possuíssem?“, S. 31). Auf jeden Fall scheint dieser Schwebezustand, diese Unfassbarkeit und Wandelbarkeit der Dinge, gerade den Reiz der Imagination auszumachen:

Pensar agora, por exemplo, em regatos louros. Exatamente porque não existem regatos louros, compreende?

Zum Beispiel, an goldblonde Bäche denken. Genau aus dem Grund, weil es keine goldblonden Bäche gibt, verstehst du?

Perto do coração selvagem, S. 20

Auch wenn der Roman quasi von einer Metapher strukturiert wird, gibt es durchaus Handlungselemente, die Einblick in Joanas Leben geben, so etwa die Abwesenheit der Mutter, der frühe Verlust des Vaters, das Unverständnis und die Angst der Tante vor der kleinen Joana, die sie als „víbora“ (Viper) bezeichnet und ins Internat schickt, weil sie mit ihrer Art, Grenzen auszutesten, nicht zurecht kommt, Joanas Heirat mit dem Rechtsanwalt Otávio, die Begegnung mit seiner Ex-Verlobten Lídia, die nun zu seiner Geliebten geworden ist, die Trennung des Ehepaares. Dabei wird Joana, die ihr Selbst als äußerst instabil und flüchtig erlebt, immer wieder auf sich zurückgeworfen. Sie versucht, sich in Beziehungen zu verorten, doch erfährt sie diese als instabil und einengend. Sie versucht, sich mit anderen Frauen zu vergleichen, Ähnlichkeiten aufzuspüren, doch erlebt sie sich immer als anders und findet sich in keinem der beobachteten Rollenmodelle wieder.

Es ist erstaunlich, dass Clarice Lispector diesen Text, in dem sie eine verletzliche und zugleich starke Frauenfigur mit einem unbändigen Verlangen nach Freiheit in so vielen ambivalenten, faszinierenden Schattierungen skizziert, zu einem so frühen Zeitpunkt ihres Lebens geschrieben hat.

Unkonventionell und modern ist dieses Buch noch immer: ob es der Frage der weiblichen Eigenständigkeit nachgeht oder mit fluide gewordenen Kategorien von „gut“ und „böse“ experimentiert, das unerwartete Verhalten der Protagonistin stellt alles Starre, Festgefahrene, Einengende in Frage und auf den Kopf.

Clarice Lispector: Perto do coração selvagem [1944], Rocco (1998)
ISBN: 9788532508102
Zur deutschen Übersetzung beim Schöffling Verlag
Clarice Lispector: Tagtraum und Trunkenheit einer jungen Frau, Penguin Verlag (2019)
ISBN: 9783328600947

bookmark_borderC. J. Cooke: Verderben. Einer stirbt. Wer lügt?

Ein aufwühlender Spannungsroman, der zugleich das psychologisch fein beobachtete Drama einer Familie erzählt. Man sollte sich nicht von dem etwas reißerischen deutschen Titel abschrecken lassen, sondern sich lieber vom Buchcover in die Hochgebirgsatmosphäre einstimmen lassen, vor deren Hintergrund die verhängnisvolle Handlung ihren Lauf nimmt…

Von den Gipfeln steigen Nebelschwaden auf und sinken wieder herab, als würden die Berge atmen. Für mich steht längst fest, dass es sich bei ihnen um lebende Wesen handelt und nicht einfach um Felsen. Und was uns vier angeht — wir sehen nicht mehr aus wie menschliche Wesen, sondern wie Aliens, die Gesichter hinter Sonnenbrillen und Tüchern und Helmgurten verschanzt. Das Ganze hat etwas Surreales.

Verderben, S. 254 (Kap. 39)

Helen und Michael sind ein durch und durch sympathisches und eigentlich wunderbar harmonierendes Paar. Ihre zwei Kinder, die siebenjährige Saskia und ihren älteren Bruder Reuben, mit dessen Autismus sie liebevoll und verantwortungsbewusst umgehen, lieben sie über alles. Doch ein unbewältigtes Trauma aus ihrer Jugend ruft immer noch Schuldgefühle und Verfolgungsängste hervor, die im Laufe der Erzählung fast schleichend ihre Schattenseiten zum Vorschein kommen lassen. Nach und nach erfährt man, was damals in den Bergen passiert ist, als Helen und Michael sich das erste Mal begegnet sind und Helens damaliger Freund Luke zu Tode kam.

Gleichzeitig hält einen die gegenwärtige Handlung in Atem, ein Familienurlaub endet abrupt mit einem schrecklichen Unfall, die kleine Saskia liegt im Koma und Michael verschwindet spurlos aus dem Krankenhaus.

Erzählt wird abwechselnd aus der Perspektive von Helen, Michael und Reuben, so dass die Autorin gut in das von Schuld und Verdrängung, aber auch von großer Verantwortung und Liebe geprägte Innenleben ihrer Figuren hineinleuchten kann. Insbesondere der Charakter des autistischen Reuben gelingt ihr meines Erachtens sehr glaubwürdig und differenziert.

Die Frage nach Schuld und Verantwortung, die der Roman in mehrfacher Hinsicht aufwirft, wird nicht eindeutig beantwortet, sondern in ihrer Komplexität gezeigt.

Bibliographische Angaben
C. J. Cooke: Verderben. Einer stirbt. Wer lügt?, Droemer Knaur 2020
ISBN: 9783426456637

Bildquelle
© 2020 Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG

bookmark_borderGerlis Zillgens: Anna und Anto — Plötzlich anders

Die Zwillinge Anna und Anto finden sich plötzlich im Körper des jeweils anderen wieder, wovon vor allem Anto zunächst alles andere als begeistert ist. Anna freut sich zwar, ihrem heimlichen Schwarm Maxim, dem besten Freund ihres Bruders, nun so nahe zu kommen, wie ihr das als Mädchen zuvor nicht möglich war, doch auch sie kommt im Körper ihres Bruders in zahlreiche peinliche oder verwirrende Situationen. Und sie vermisst die Gespräche mit ihrer besten Freundin Mia. Die Eltern wundern sich, warum ihre Tochter auf einmal wieder Fleisch isst und dafür nun der Sohn zum Vegetarier geworden ist, schieben das zunehmend merkwürdige Verhalten ihrer Kinder jedoch nachsichtig auf die Phase der Pubertät.

So bringt einen die Autorin immer wieder zum Schmunzeln und stellt eindeutige Geschlechterrollen auf amüsante, aber doch auch intelligente und nachdenklich stimmende Weise in Frage — etwa wenn sie die irritierten und verlegenen Reaktionen der Erwachsenen beschreibt, als Maxim und Anna alias Anto zusammen mit ihrem Schulprojekt-Baby im Kinderwagen unterwegs sind und Anna selbstbewusst verkündet, ein Mädchen im Körper eines Jungen zu sein.

Zillgens Mittel der Aufklärung und der Ermunterung zu mehr Toleranz ist der Humor, nicht der erhobene Zeigefinger, und das gelingt ihr ganz wunderbar.

Ab 11 Jahren

Altersempfehlung
Ab 11 Jahren

Bibliographische Angaben
Gerlis Zillgens: Anna und Anto — Plötzlich anders, Planet!/Thienemann-Esslinger Verlag (2020)
ISBN: 9783522506656

Bildquelle
Gerlis Zillgens, Anna und Anto — Plötzlich anders
© 2020 Thienemann-Esslinger Verlag

bookmark_borderElena Ferrante: La vita bugiarda degli adulti

Elena Ferrantes neuen Roman habe ich lang und bang herbeigesehnt und konnte es deshalb trotz der wirklich schönen deutschen Übersetzungen im Suhrkamp-Verlag natürlich nicht abwarten, bis er auf deutsch erscheint. Daher nun meine Eindrücke des italienischen Textes, der — wie man es bei der Autorin inzwischen beinahe schon erwartet — mit einem Satz einsetzt, der einen schockiert:

Due anni prima di andarsene di casa mio padre disse a mia madre che ero molto brutta.

Zwei Jahre, bevor mein Vater unser Zuhause verließ, sagte er zu meiner Mutter, dass ich sehr hässlich sei.

La vita bugiarda degli adulti, S. 9 (Kap. I, 1)

Der Schock trifft den Leser fast ebenso unmittelbar wie die junge Giovanna, zugleich Protagonistin und Erzählerin, die sich zum Zeitpunkt der Geschichte überdies gerade in dem von Natur aus sehr fragilen Zwischenstadium zwischen Kindheit und Teenageralter befindet. Wie schon in ihrem großen Vierteiler über Neapel schreibt sich die Autorin ein weiteres Mal in die komplexe Gefühlswelt einer Heranwachsenden ein — und macht Neapel ein weiteres Mal zum konfliktreichen Schauplatz einer Familiengeschichte.

Der fast gedankenlos vom Vater geäußerte, wenngleich freilich nicht für die Ohren seiner Tochter bestimmte Satz, den das junge Mädchen zufällig aufschnappt, bringt die ganze, überaus fesselnd erzählte Geschichte ins Rollen, die in erster Linie als Psychogramm einer Heranwachsenden gelesen werden muss. Hier erweist sich Elena Ferrante erneut als Meisterin; es ist schlicht und ergreifend bewundernswert, wie sie psychologisch so glaubhaft und nuancenreich in Worte fasst, was für Seismen eine solche Äußerung aus dem Munde einer Bezugsperson in einem jungen, im Formen sich befindlichen Menschen auslösen kann. Den weiteren Worten des Vaters entnimmt Giovanna, dass die Hässlichkeit mit ihrer Ähnlichkeit mit der Schwester ihres Vaters, der geächteten und geheimnisvollen Tante Vittoria, zu tun hat.

Anstatt das Gespräch mit den Eltern zu suchen, stellt die sensible und zutiefst verunsicherte Giovanna lieber auf eigene Faust Nachforschungen an, um dem Rätsel ihrer Tante, zu der ihre Familie schon lange den Kontakt abgebrochen hat, auf die Spur zu kommen und vielleicht den Fluch der Hässlichkeit noch abzuwenden zu können. Auch wenn ihre Eltern ihr plötzliches Interesse für Zia Vittoria irgendwann mitbekommen und ihr die Kontaktaufnahme daraufhin zwar nicht direkt verbieten, aber eben auch nicht gutheißen, so lastet auf diesem väterlichen Familienzweig doch ein gewisses Tabu, das einen offenen Austausch unmöglich macht. Somit markiert diese Episode den Beginn der Heimlichkeiten und die schleichende Infragestellung der zuvor unerschütterlich geltenden Autorität und Integrität der Eltern.

Auch räumlich führt diese Episode zu einer Grenzüberschreitung. Denn die Tante wohnt in einem anderen, dem Elternhaus Giovannas geradezu entgegengesetzten Viertel von Neapel. Während sich Giovannas Leben bisher ausschließlich im oberen, kultivierten, reicheren Teil der Stadt abgespielt hat, lernt sie bei Vittoria den unteren Teil kennen, in dem die ärmeren, weniger gebildeten Bevölkerungsschichten wohnen — und aus dem ihr Vater sich schon vor Giovannas Geburt über den Weg der akademischen Bildung herausgearbeitet hat. Es zeichnet sich hier ein Klassenkonflikt ab, den die Autorin mit der psychologischen Ebene des Romans zu einem komplexen psychosozialen Gefüge verflicht, in dem Unsicherheiten, Streit und Konkurrenz ihren Ursprung haben. Im Laufe der Geschichte wird Giovanna vertrauter im Umgang mit den verschiedenen Sprachen und Verhaltensweisen der beiden Neapel, sie wird zu einer Art Weltenwanderin, hin und her gerissen zwischen den Orten und den zu den Orten gehörigen Menschen, und dabei immer auf der Suche nach Wahrhaftigkeit.

Zunächst durchlebt sie jedoch eine Tragödie im Stillen, die sie ganz mit sich selbst ausficht. Die Angst wird ihr zum Begleiter, sie malt sich Schreckliches aus und erlebt den Reichtum ihrer Fantasie als Alptraum. Umso unerwarteter gestaltet sich der erste Besuch bei der Tante, die ihr so ganz anders erscheint, als sie sie sich ausgehend von den Andeutungen ihrer Eltern vorgestellt hat. Vittoria ist impulsiv, ausgelassen, gefühlsbetont, unkonventionell und kommt Giovanna wunderschön vor.

Ihren Eltern gegenüber wagt sie das jedoch nicht auszusprechen, vielmehr bestätigt sie die Eltern in ihren Vorurteilen. Dies markiert den Beginn des unaufrichtigen Sprechens, einer mit dem Eintritt ins Erwachsenenleben schier unvermeidlichen Begleiterscheinung. Tante Vittoria passt auch deshalb nicht in das kultivierte Leben der Eltern Giovannas, da sie diesen unausgesprochenen Kodex ignoriert. Auf ihrem Gesicht lässt sich ihre Stimmung, ihre Meinung jederzeit ablesen. Daher sind die Besuche bei Viittoria für Giovanna eine heftige, auch oft schmerzhafte Erfahrung, ihre Impulsivität schüchtert sie ein, ja, wenn Vittoria in Zorn gerät, wird sie zur „diavola“, zur Teufelin, und ihr Gesicht erscheint Giovanna in diesen Momenten tatsächlich hässlich, ist es doch der unverfälschte Ausdruck ihrer negativen Gefühle. Gleichzeitig ist sie fasziniert von der romantischen Liebesgeschichte ihrer Tante, deren unkonventionelle Lebensweise — so teilt sie sich mit der Witwe ihres verstorbenen Geliebten Enzo die Erziehung von deren Kindern — Einblick in eine scheinbar authentischere Welt zu geben scheint. Doch erweist sich auch diese als keineswegs frei von Gewalt und Misstrauen…

Das gehemmte Verhältnis von Giovannas Familie zu Vittoria ist außerdem Ausdruck des Krisenhaften, das längst unter der Oberfläche lauert. Giovannas Eltern trennen sich, und die Familienkrise wird zur Metapher für die beschwerliche Annäherung an das Erwachsensein, zeigt sie doch exemplarisch ein ganzes Gespinst von Lebenslügen, gegenüber den Personen, die einem am meisten vertrauen, und genauso gegenüber sich selbst. „Menzogna“ (Lüge) und „preghiera“ (Gebet) treten nun fast zeitgleich in Giovannas Leben ein. Sie sind zwei Arten, sich zu einer gänzlich neuen Erfahrung der Wirklichkeit zu verhalten, die mit einem Gefühl des Unwohlseins in und gegenüber der Gesellschaft, und auch mit der Angst, bestimmte Dinge auszusprechen, verbunden ist: Lügen als Gesellschaftskunst und das Gebet als Ausdruck der Hoffnung, ein Verhältnis zu sich selbst zu finden, ohne sich verbiegen und ohne andere oder sich selbst verletzen zu müssen.

In der verschachtelten Geschichte des — auch von Giovanna zeitweise getragenen — schlichten silbernen Armbands, die sich durch die gesamte Handlung zieht, nehmen die komplizierten Beziehungen der Erwachsenen zueinander symbolisch Gestalt an: Die stückweise Offenbarung, wer es wem wann geschenkt, gestohlen oder zurückgegeben hat, begleitet den Enthüllungsprozess der Intrige ebenso wie den Verstehens- und Desillusionierungsprozess der heranwachsenden Giovanna. Das Armband verkörpert all die Lügen, die Liebe, die Eifersucht und die Hoffnung in der Geschichte von Giovannas Familie, in diesem komplexen Beziehungsgeflecht, dessen Entwirrung mit einem schmerzhaften Verlust von Sicherheiten einhergeht.

Erzählt wird die Handlung im Rückblick, immer wieder werden behutsam reflektierende Zeilen eingeschoben, die ein bestimmtes Verhalten oder die Gedankengänge der jungen Giovanna aus einer späteren Perspektive einzuordnen versuchen. Dies geschieht aber ganz unaufdringlich, und auch sonst herrscht eine sehr präsentische, unmittelbare Erzählweise vor, so dass man als Leser intensiv ins Geschehen und in die Gedankenwelt des jungen Mädchens hineingezogen wird.

Ferrantes literarische Besonderheit, ihre Stärke erweist sich dabei wieder in einem direkten, schonungslosen, oft geradezu schmerzhaften Stil, der nichts verschweigt oder beschönigt, zugleich aber umso ehrlicher auch die Empathie des Lesers weckt; man fühlt mit den Figuren und nimmt sie als — zwar zerrissene, ambivalente, egoistische, aber auch liebende, sich sehnende, fürchtende, hoffende — Menschen wahr. Dieses so wunderbar aus dem Text herauswachsende und gerade nicht plakativ verkündete Humanitätsideal verdichtet sich in La vita bugiarda degli adulti in einer ganz zart, ganz unauffällig in den Text eingearbeiteten Erkenntnis Giovannas, die beobachtet, wie sich zwei Menschen voneinander entfernen und Schmerz zufügen, wenn sie sich nicht mehr sehen, nicht mehr ansehen. Dann verwandeln sie sich selbst zu wilden Tieren, werden anfällig für Gewaltausbrüche:

Cosa succedeva, insomma, nel mondo degli adulti, nella testa di persone ragionevolissime, nei loro corpi carichi di sapere? Cosa li riduceva ad animali tra i più inaffidabili, peggio dei rettili?

Was ging da eigentlich vor in der Welt der Erwachsenen, im Kopf von absolut vernünftigen Menschen, in ihren mit Wissen vollbeladenen Körpern? Was setzte sie herab zu den unzuverlässigsten Tieren, schlimmer als Reptilien?

La vita bugiarda degli adulti, S. 131 (Kap. IV, 1)

Den anderen als anderen wahrzunehmen, ihn zu sehen, macht ein Miteinander aus, in dem die Menschen sich so begegnen, dass Respekt und Wohlgefühl entstehen. Doch gerade als Heranwachsende dominiert meist ein Gefühl des Unwohlseins, des Unangenehmen in der Gesellschaft mit anderen. Denn von anderen angesehen zu werden, bedeutet auch, bewertet zu werden, ein bestimmtes Bild seiner selbst aufoktroyiert zu bekommen, das der eigenen Wahrnehmung widerspricht, das einen verunsichert. So klingt mit dem Motiv des Sehens und der Schönheit, das sich durch den Roman hindurchzieht, auch die philosophische Frage nach dem Verhältnis von Ich und Gesellschaft an. Indem Ferrante die Bildung der eigenen Identität durch den oder in Auseinandersetzung mit dem Blick der anderen, die dadurch entstehende Verunsicherung und Scham zum zentralen Thema ihres Romans macht, rückt sie auch in die Nähe einer existenzialistischen Philosophie, wie sie vor allem Sartre in L’Être et le néant entworfen hat. Giovanna begreift im Laufe der Geschichte den großen Einfluss, den der Blick der anderen auf sie für ihre Selbstwahrnehmung hat:

Mi è già cambiata la faccia per colpa di mio padre et sono diventata brutta; non giocare a cambiarmela anche tu facendomela diventare bella. Sono stanca di essere esposta alle parole altrui. Ho bisogno di sapere cosa davvero sono e quale persona posso diventare, aiutami.

Mein Aussehen wurde schon einmal, durch meinen Vater, verändert, und ich war auf einmal hässlich; spiel nicht auch du das gleiche Spiel mit mir, mein Aussehen zu verändern, indem du mich schön werden lässt. Ich bin es leid, den Worten der anderen ausgeliefert zu sein. Ich muss wissen, was ich wirklich bin und welche Person ich werden kann, hilf mir.

La vita bugiarda degli adulti, S. 295 (Kap. VI, 18)

Diese Worte formuliert Giovanna bezeichnenderweise nur in ihrem Geist, sie spricht sie nicht aus, was symptomatisch für die Verunsicherung der heranwachsenden Protagonistin ist und zugleich ein schönes Beispiel für den sich in den Worten ausprobierenden Stil der Erzählerin. So ist der Roman im Grunde nichts anderes als die Suche einer Schreibenden nach sich selbst, die auch die Suche nach einem moralischen Maßstab beinhaltet.

La bellezza che Roberto mi aveva riconosciuto assomigliava troppo a quella di chi fa male alla gente.

Die Schönheit, die Roberto mir zugestanden hatte, ähnelte zu sehr dem, was den Menschen wehtut.

La vita bugiarda degli adulti, S. 302 (Kap. VI, 21)

Giovanna macht die Erfahrung, dass Schönheit andere verletzen kann, dass Liebe und Begehren auch Konkurrenz und Neid hervorrufen, und dass eine Beziehung ohne negative Gefühle bewundernswert, aber sehr schwer zu erreichen ist:

A me piacque […] quella devozione senza nemmeno una sfumatura di invidia o di malvolenza

Mir gefiel jene Hingabe, die ohne den geringsten Beigeschmack von Neid oder Missgunst auskam.

La vita bugiarda degli adulti, S. 219 (Kap. V, 14)

So ist das Erwachsenwerden beides: seine Illusionen zu verlieren, aber auch, Ideale als solche zu erkennen und sich zu bemühen, sich ihnen anzunähern. Den Schmerz trägt die schreibend sich erfahrende erwachsene Ich-Erzählerin noch immer in sich, der Versuch, sich eine Persönlichkeit aufzubauen, ist mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter keinesfalls abgeschlossen, sondern eine von Mühen und Zweifeln begleitete Lebensaufgabe.

Elena Ferrante: La vita bugiarda degli adulti, edizioni e/o (2019)
ISBN: 9788833571683

bookmark_borderAnnika Widholm: Vertigo — Und dann wird alles dunkel

Vertigo heißt der erste Thriller der Schwedin Annika Widholm, und mit diesem im Kanon der Filmgeschichte verankerten Titel weckt sie natürlich eine große Erwartungshaltung bei ihren Lesern. Ich war jedenfalls sehr gespannt, wie — und ob überhaupt — hier eine der genialsten Spannungsintrigen, für die sogar ein eigener Kamera-Effekt geschaffen wurde, literarisch umgesetzt wird.

Und tatsächlich hat mich die Lektüre in einen schwindelerregenden Zustand versetzt. Der Autorin gelingt es, einen in Atem zu halten, bis zur letzten Seite bangt und rätselt man mit der Protagonistin mit, aus deren überzeugend erzählter Innenschau sich die mysteriöse Intrige entfaltet, die sich ständig auf der Grenze zwischen immer tiefer gehender psychologischer Studie und hochspannendem Kriminal- und Beziehungsroman bewegt.

Seit die junge Psychologiestudentin Clara bei ihrem um einiges älteren Freund eingezogen ist, in das Haus, das dieser zuvor mit seiner vor ungefähr einem Jahr durch einen U-Bahn-Sturz zu Tode gekommenen Ehefrau bewohnt hat, verliert sie immer häufiger ganz plötzlich das Bewusstsein und fällt… Dabei wird sie von Visionen heimgesucht, während derer sie ihren Körper zu verlassen scheint und Dinge tut, an deren Ablauf sie sich hinterher nicht zu erinnern vermag. In die Beziehung zu ihrem Lebensgefährten schleicht sich Misstrauen ein, und auch dessen zwei Töchter verhalten sich feindselig gegenüber der unerwünschten Nachfolgerin ihrer Mutter. Außerdem erhärtet sich Claras Verdacht, von einem unbekannten jungen Mann verfolgt zu werden. Um ihrer buchstäblich Schwindel erregenden Verwirrung entgegenzuwirken, versucht sie, ihren Aussetzern durch psychologische Recherchen auf den Grund zu gehen und baut ihre Erlebnisse in die Abschlussarbeit ein, mit der sie schon eine ganze Weile kämpft. Doch dann verschwindet ihr Laptop nach einem weiteren Zusammenbruch…

Seltsame Ohnmachtsanfälle und beunruhigende Erinnerungslücken, die unheimliche Präsenz einer scheinbar verunglückten Frau, ein aufdringlicher Privatdetektiv und die Ahnung eines Verbrechens, das sich zu wiederholen droht: Was ist Wirklichkeit und was Wahnvorstellung einer traumatisierten Psyche, wer manipuliert hier wen und lauert die Gefahr wirklich dort, wo man sie vermutet oder ganz woanders?

Die Anklänge an Hitchcock, den Meister des „suspense“, sind im Text unübersehbar, man hat immer wieder Szenen natürlich aus seinem gleichnamigen Film „Vertigo“ vor Augen, aber auch Konstellationen, psychologische Elemente und v.a. die mysteriös-bedrohliche Atmosphäre aus „Rebecca“ oder „Die Vögel“ scheinen immer wieder auf.

Auch nach der Lektüre mag der Schwindel nicht völlig verfliegen, da sich die Autorin eines eindeutigen Schlusses verweigert und den Sprechstundentermin bei der Psychologiedozentin, die mit Claras in ihren Augen zu sehr ins wissenschaftlich Unfundierte, ja Esoterische abgleitendem Aufsatz hart ins Gericht geht, neben der in der Innenschau vom Leser ja ganz nah miterlebten Auflösung der Persönlichkeit der jungen Frau stehen lässt, so dass die beschriebene transzendente Erfahrung letztlich ohne rundum zufriedenstellende wissenschaftliche Erklärung bleibt. Aber geht es einem nicht nach Hitchcocks „Vögeln“ ebenso, lassen sie den Zuschauer nicht auch in der Schwebe zwischen beängstigendem Naturphänomen und der Ahnung eines irgendwie bedrohlichen Übersinnlichen, so dass der Film wie ein Wirklichkeit gewordener Alptraum erscheint, wie eine Metapher, die einer traumatisierten Psyche entsprungen ist?

Ein Vergleich mit dem, was Hitchcocks Vertigo-Effekt in der Filmgeschichte ausgelöst hat, wäre hier natürlich völlig fehl am Platz, doch die reflektierende Ebene, die durch den Psychologieaufsatz in die Erzählung eingearbeitet wird, indem hier nämlich versucht wird, dem Unterbewusstsein schreibend auf die Spur zu kommen, ist ein durchaus geschickter Kniff, um dem Plot Komplexität zu verleihen.

Wer keine Scheu davor hat, sich ins Grenzgebiet des Bewusstseins zu begeben, dem wird dieses großartige Thrillerdebüt einige Stunden hochspannender Unterhaltung bescheren!

Bibliographische Angaben
Annika Widholm: Vertigo — Und dann wird alles dunkel, Edition M (2020)
Aus dem Schwedischen übersetzt von Ulla Ackermann
ISBN: 9782496701470

Bildquelle
Annika Widholm, Vertigo — Und dann wird alles dunkel
© 2020 Edition M bei Amazon Publishing

bookmark_borderPeter Michalzik: Die Liebe in Gedanken

Die Geschichte von Boris Pasternak, Marina Zwetajewa und Rainer Maria Rilke

Eine wunderschöne Reflexion über die Vielschichtigkeit der Liebe und ihre Verbundenheit mit der Sprache der Poesie!

Michalziks Geschichte ist leidenschaftlicher Briefroman, fiktionalisierte Teilbiographie dreier berühmter Dichter des 20. Jahrhunderts und Essay über die Liebe, ihre Ausdrucksformen gestern und heute, über die Geschichte der 1920er Jahre in Europa und die Anfangszeit der Sowjetunion in einem.

Im Prinzip ist die ausschließlich in Briefform stattfindende Liebesgeschichte von Boris Pasternak, Marina Zwetajewa und Rainer Maria Rilke — wenngleich literaturhistorisch dokumentiert — eine (Re-)Konstruktion, die einer fixen Idee von Pasternak romaneske Gestalt verleiht. Denn der junge russische Dichter, der Zwetajewa und ihre schonungslose Art zu leben und zu dichten ebenso oder sogar noch heftiger verehrt wie sein großes Idol Rilke, initiiert beflügelt oder eher wahrhaft berauscht von der ihm schicksalsträchtig erscheinenden Gleichzeitigkeit einer anerkennenden Erwähnung seiner Dichtung in einem Brief des berühmten Rilke an seinen Vater und der ihm von Zwetajewa zugesandten Abschrift ihres „Endgedichts“, in dem er sich selbst als Adressaten des unglücklich liebenden lyrischen Ichs zu erkennen meint, einen Briefwechsel zu dritt, ähnlich einer ménage à trois. Das Projekt ist nur von kurzer Dauer, doch ruft es trotz oder gerade wegen der durch die Briefform garantierten körperlichen Trennung der drei schreibend Liebenden einen wahren Sturm der Gefühle — und davon kaum zu unterscheiden: der Poesie — hervor.

Michalzik kombiniert in seinem Text überlieferte Briefpassagen mit ihrer über die literaturwissenschaftliche Nachvollziehbarkeit hinausgehenden Einbettung nicht nur in den biographischen Kontext, sondern bis ins Innerste der Gedanken und Gefühle, tief in die Seelenzustände der Charaktere hinein. Das ist ungemein fesselnd zu lesen, denn durch die einfühlsame und sorgfältig vorrecherchierte Erzählung des Autors erwachen die Figuren der Literaturgeschichte zum Leben: Man ist mit im Raum, wenn Pasternak in seiner überfüllten Wohnung verzweifelt versucht, seine eigene Dichtung voranzubringen oder wenn er bewundernd und eifersüchtig Marina Zwetajewas per Briefboten gesandte Gedichtproben liest. Ebenso vermeint man, das Rauschen des Meeres im französischen Ferienort zu hören, das Zwetajewa die nötige äußere Ruhe zum Arbeiten schenkt, während sie innerlich aufgewühlt die leidenschaftlichsten Gedicht- und Briefzeilen verfasst. Auch den schwerkranken Rilke in seinem Schweizer Kurort hat man vor Augen, der dort von Ferne und über die Briefe doch ganz intim und nah, zugleich irritiert und fasziniert, in die turbulente Briefbeziehung Pasternaks und Zwetajewas hineingezogen wird.

Und so verzeiht man dem Autor auch die gelegentlichen Redundanzen, die seiner Herangehensweise an die Einfühlung in die Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren geschuldet sind. Michalzik versucht, den Figuren Schritt für Schritt näherzukommen, sie einzukreisen, sie von verschiedenen Perspektiven aus zu betrachten. Das ist durchaus unkonventionell, denn letztlich entzieht sich der Text damit einer eindeutigen Zuordnung zu einer klar definierten Textsorte: Handelt es sich um einen erweiterten Briefroman? Um eine literarische Biographie oder um eine biographisch-literaturwissenschaftliche Abhandlung? Ist der Text Fiktion oder Wissenschaft, Roman oder Essay?

Besonders spannend wird es, wenn der Text gleichzeitig sein eigener Kommentar ist. Dafür sorgen die essayistischen Diskurse, in denen die Handlung in einen historischen oder soziologischen Kontext eingeordnet wird und die z.B. die Textsorte „Brief“ im Zusammenhang mit den kommunikationstechnischen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts erörtern oder — Anregungen der Soziologin Eva Illouz aufgreifend — den Wandel der (romantischen) Beziehungen beschreiben und damit den Bogen auch in unsere Zeit schlagen, die sich dem Medium Brief ebenso wie der poetischen Sprache der Liebe längst entfremdet zu haben scheint.

Die Sehnsucht ist uns jedoch noch nicht ganz fremd geworden, das merkt man, wenn man von dieser spannenden „Liebe in Gedanken“ in Bann geschlagen wird. Mag sie auch aus der Zeit gefallen sein — was Michalzik aus ihr gemacht hat, ist lebendige Literaturgeschichte vom Feinsten!

Bibliographische Angaben
Peter Michalzik: Die Liebe in Gedanken – Die Geschichte von Boris Pasternak, Marina Zwetajewa und Rainer Maria Rilke, Aufbau Verlag (2019)
ISBN: 9783351037673

Bildquelle
Peter Michalzik, Die Liebe in Gedanken – Die Geschichte von Boris Pasternak, Marina Zwetajewa und Rainer Maria Rilke
© 2019 Aufbau Verlag GmbH & Co KG, Berlin

bookmark_borderJérôme Ferrari: À son image

Mit seiner unvergleichlichen Sprache hat mich Jérôme Ferrari, den man in Deutschland vor allem durch seine Korsika-Trilogie kennt, auch in sein neues Buch tief, fast zu tief hineingezogen, man entkommt seiner Geschichte nicht unberührt, so wie die Figuren seines Romans der Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht unverletzt entkommen. Fasziniert und betroffen habe ich das Leben der jung verunglückten (Kriegs-)Fotografin Antonia im Rhythmus der Perspektiven und Zeiten zu einem virtuosen literarischen Gesamtkunstwerk fügenden Erzählerstimme miterlebt und mitreflektiert. Wäre der geschriebene Text eine Predigt, an den Lippen eines Priesters abzulesen, man würde an ihnen hängen bis zum letzten Wort, bis die Messe vorüber ist. Mit diesem Bild befindet man sich auch schon beinahe in dem poetisch-metaphysischen Raum, den Ferrari für seinen Roman geschaffen hat.

Antonia, die im Zentrum des Romans stehende junge Frau, verunglückt 2003 auf der Heimfahrt von Calvi, wo sie eine Hochzeit fotografiert hat, tödlich. Der Zufall oder das Schicksal hat sie kurz zuvor noch mit dem Kriegsveteranen Dragan zusammengeführt, den sie das letzte Mal vor zehn Jahren gesehen hatte, als sie ihn für eine Reportage über den Jugoslawienkrieg fotografiert und begleitet hatte. Ihr Leichnam wird in ihrem Heimatdorf aufgebahrt, die zwölf Kapitel des Romans entsprechen Abschnitten aus der katholischen Totenmesse, die von ihrem Patenonkel gehalten wird, der zugleich die Rolle des Priesters, des liebenden und trauernden Verwandten sowie in großen Teilen auch die eines personalen Erzählers einnimmt, aus dessen Innenschau wir das meiste über Antonias Leben erfahren.

Die Lebensgeschichte Antonias verknüpft Ferrari aufs Engste mit einer Geschichte der Fotografie, indem er tiefgründige Reflexionen über das Wesen dieses Mediums und seine Funktion für die Geschichte des 20. Jahrhunderts in die Erzählung integriert. Das intime Band zwischen Fotografie und Tod zieht sich durch den gesamten Roman, so dass man immer wieder an Roland Barthes‘ berühmten Essay über die Fotografie, La Chambre claire (Die helle Kammer), erinnert wird, an seine Beschreibung von Bildern zum Tode Verurteilter und auch an seine Definition des geheimnisvollen „punctum“, des Zufälligen der Fotografie, das emotional, unbewusst und eben auch gewaltsam auf den Betrachter wirkt und ihn verwundet. Von daher ist es nur konsequent, wenn Ferrari in seinem Roman auch der Affinität der Fotografie zur Gewalt auf den Grund zu gehen versucht, ihre Funktion im Krieg, ihre Neigung zur Obszönität oder zur symbolischen Überfrachtung erforscht sowie ihrer oft nur dem Zufall zu verdankenden Bedeutung oder eben auch Bedeutungslosigkeit nachgeht.

Jedem Kapitel ist eine Bildunterschrift vorangestellt, jedoch ohne den Abdruck der zugehörigen Fotografien, die sich meist aus der Imagination des Autors speisen, der diese fiktiven Bilder mit großer Suggestionskraft aus der Erzählung der Geschichte hervorgehen lässt. Zum Teil handelt es sich auch um real existierende Fotografien, die Ferrari — so liest man im Nachwort — zu seiner Geschichte inspiriert haben, ebenso wie auch die fiktionalisierten historischen Figuren, deren Fotografen-Biographien er in die Erzählung einbaut. Auf diese Weise ist dem Roman eine Meta-Ebene eingeschrieben, die aber an keiner Stelle den Lesefluss oder die poetische Bildersprache unterbricht, vielmehr der Geschichte noch mehr Dichte und Tiefe verleiht. Denn so wie die korsische Biographie Antonias und ihrer Familie und Freunde, darunter viele Separatisten, auf der Makroebene die Geschichte des 20. Jahrhunderts, seiner Gewalt und seiner Kriege, widerspiegelt, wird die fotografische (Sinn-)Suche der jungen Frau auch in eine universelle Beziehung gesetzt zu den über das visuelle Medium aufgeworfenen Fragen nach dem Verhältnis von Ästhetik und Verantwortung, Idolatrie und Wahrhaftigkeit, Oberflächlichkeit und Obszönität.

Spannend ist in dieser Hinsicht auch die religiöse oder eher metaphysische Dimension, in der sich der Text bewegt, was schon durch den liturgischen Rahmen der Erzählsituation deutlich wird, und die sich immer wieder in den assoziativ sich hin und herbewegenden Gedanken und Erinnerungen des Priesters manifestiert. Der Priester selbst hat bezeichnenderweise als einzige der tragenden Figuren keinen Namen, er ist der Patenonkel Antonias, die er geliebt und gefördert hat und für deren Tod er kaum Trost finden kann. Immer wieder hadert er, muss um seinen Glauben kämpfen, der alles andere als selbstverständlich in sein Leben trat. In seiner Person sind deutliche Anklänge an Georges Bernanos auszumachen, fast scheint er eine Verkörperung von dessen Tagebuch schreibendem Landpfarrer zu sein. Die Schilderung seiner plötzlichen Berufung zum Priestertum hingegen erinnert an die zentrale Passage in Bernanos‘ Sous le Soleil de Satan (Die Sonne Satans), er fühlt sich, allein des Nachts auf dem kilometerlangen Heimweg ins Dorf, verfolgt von einer unheimlichen Gestalt, die aber unsichtbar bleibt:

Il a l’impression que quelqu’un le suit. Il se retourne de temps en temps pour scruter les ténèbres. Son cœur s’affole.

Es kommt ihm vor, als würde ihm jemand folgen. Er dreht sich von Zeit zu Zeit um und versucht, die Dunkelheit zu durchdringen. Sein Herz ist wahnsinnig vor Angst.

A son image, S. 101 (Kap. 6)

Tatsächlich ist seine Berufung untrennbar mit dem Tod verknüpft: In ebenjener Nacht, in der Antonias Onkel angst- und ahnungsvoll am Pfarramt vorüberläuft, stirbt der alte Priester. Und die Nachfolge ist mit Schmerz verbunden, der Berufene verlässt seine Freundin und deren Sohn —

il les abandonne tous les deux pour répondre à l’appel d’une voix qui a retenti dans la nuit

er lässt sie alle beide zurück, um dem Ruf einer Stimme zu folgen, die in der Nacht erklungen ist

A son image, S. 103 (Kap. 6)

— und er verlässt später auch seine Heimatgemeinde, um aufs französische Festland zu gehen, nachdem mehrere junge Männer in der Gewaltspirale des korsischen Separatismus zu Tode gekommen sind, obwohl sie sich in der Zwischenzeit vom militanten Kampf abgewendet hatten. Sie zu beerdigen übersteigt seine Kraft.

Die innerliche Zerrissenheit, mit der er sich unablässig auseinandersetzt, macht den Priester zu einer sehr sympathischen, aber zugleich auch tragischen Figur mit einer fast übergroßen Verantwortung, die er in seiner Totenmesse für Antonia anzunehmen versucht. Denn er war es, der Antonia einst die Kamera geschenkt, der sie zu ihrer Berufung hingeführt hatte, an der sie sich ein Leben lang verzweifelt abarbeiten würde. Ihre Suche nach Wahrheit, nach Wahrhaftigkeit ließ sie sich mitten hinein begeben in die Gewalt der Natur, der Menschen, des Krieges — bis sie durch ihre Erfahrung im Jugoslawienkrieg den Glauben nicht nur an Gott, sondern auch an die Fotografie verlor. Ihre Kriegsreportage, die ihr anfangs als langersehnte Erfüllung ihrer mühevollen, oft frustrierenden Fotografen- und Journalistenkarriere erschien, würde sie nie veröffentlichen:

Elle commence à penser qu’elle a vu quelque chose qu’il aurait été infiniment préférable pour elle de ne pas voir parce que maintenant, elle ne peut plus en détourner le regard.

Sie begreift allmählich, dass es für sie unendlich viel besser gewesen wäre, wenn sie das, was sie gesehen hat, nie gesehen hätte, denn jetzt kann sie den Blick davon nie mehr abwenden.

A son image, S. 178 (Kap. 10)

Sie zieht sich aus dem Journalismus zurück und macht von nun an nur noch harmlose Hochzeitsfotos. Ihr Scheitern ist verbunden mit der resignierten Feststellung, dass es nur zwei Arten von Bildern gibt: Entweder sie sind belanglos oder obszön, entweder haben sie zu wenig oder zu viel Bedeutung, entweder sind sie oberflächlich und für die Nachwelt nicht relevant oder aber sie treffen so mitten hinein, dass es pietätlos und grausam wäre, sie zu veröffentlichen.

Eine dritte Möglichkeit des Bildes deutet der Autor mehrmals an, wenngleich die Frage offen bleibt, ob sie letztlich ein unmögliches Unterfangen, eine Utopie darstellt: wenn es dem Bild nämlich gelingt, die Ebene des Todes durch die Ebene der Transzendenz zu durchbrechen, zu sublimieren, so wie im verwundeten Christus das Wunder der Auferstehung durchzuscheinen vermag. Übertragen auf die Fotografie wäre das perfekte Bild dann eines, das eine Offenheit in sich trägt auf etwas, das man nicht sehen und schon gar nicht fassen, sondern nur erahnen kann. Ein solches Bild ist dann aber eigentlich keine Kunst, da es nicht planbar, sondern dem Zufall der Geschichte ausgeliefert ist. Der besondere Moment der Geschichte und der auslösende Moment der Kamera müssen zusammenfallen. Es ist die Geschichte, die dem Bild ihre Bedeutung verleiht. Oder aber man betrachtet die Fotografie ganz einfach als Spur der Geschichte, als Spur eines Lebens:

leur enfance disparue avait pourtant déposé sur la pellicule une trace de sa réalité aussi tangible et immédiate que l’empreinte d’un pas dans un sol d’argile (…) comme si tous les instants du passé subsistaient simultanément, non dans l’éternité, mais dans une inconcevable permanence du présent

ihre verschwundene Kindheit hatte auf dem Film dennoch eine Spur ihrer Wirklichkeit hinterlassen, die ebenso berührbar und unmittelbar war wie der Abdruck eines Schrittes auf einem lehmigen Boden (…) als würden alle Augenblicke der Vergangenheit gleichzeitig fortbestehen, nicht in der Ewigkeit, sondern in einer unvorstellbaren Fortdauer der Gegenwart

A son image, S. 21 (Kap. 2)

Genau das hat schon die kleine Antonia so an den alten Familienfotografien fasziniert, und genau das macht in seiner Bescheidenheit und technischen Imperfektion auch den Reiz ihrer letzten Fotografie aus, auf der sie den Söldner Dragan am Strand von Calvi ablichtet.

Schließlich ist Antonias Geschichte auch als Versuch zu lesen, aus der beengenden und gewaltsamen korsischen Dorfgemeinschaft mit ihrem patriarchalischen Frauenbild auszubrechen. Antonias Leben scheint schon früh vorherbestimmt, lange Jahre ist sie reduziert auf ihre Rolle als „Frau von Pascal B.“, der als Anführer militanter korsischer Separatisten immer wieder im Gefängnis landet, bis sie sich schließlich von ihm löst, um frei zu sein. Sie führt von nun an ein bei weitem selbständigeres Leben als ihre Freundinnen, doch letztlich entkommt auch sie ihrer Herkunft nicht.

Was mir neben der wunderschönen Sprache und der unheimlich anregenden Auseinandersetzung mit dem Wesen des Bildes ganz besonders an diesem Roman gefällt, ist die feinfühlige Art, wie der Autor seine Figuren zeichnet. Er zeigt ihre Schwächen, ihre Ambivalenz und beschönigt nichts, doch verurteilt er sie auch nicht, sondern wagt einen Blick auf sie, der vom Anspruch getragen wird, den innerhalb des Textes die Figur des Priester für sich annimmt: den Nächsten zu lieben, auch wenn es schwer ist:

Si l’amour du prochain était chose aisée, il le sait bien, le Christ n’aurait certes pas pris la peine d’en faire le premier des devoirs.

Wenn die Liebe zum Nächsten eine leichte Aufgabe wäre, das weiß er wohl, hätte sich Christus sicher nicht die Mühe gemacht, sie zur ersten aller Pflichten zu machen.

A son image, S. 105 (Kap. 6)

Ferrari gelingt ein kritisches, aber mitfühlendes „Verstehen“ der Figuren und er zeigt, wie sie geprägt werden durch die Zeit, die Gesellschaft, das System, in dem sie leben. Er zeigt auch, wie manche versuchen auszubrechen und wie schwierig, wenn nicht gar unmöglich das ist, besonders, wenn man sich einmal der Gewalt verschrieben hat, deren Absurdität und schier unaufhaltsame Dynamik ein wiederkehrendes Thema des Autors ist.

Jérôme Ferrari: À son image, Actes Sud 2018
ISBN: 9782330109448

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