Gereon Krantz‘ in Berlin spielender schwarzhumoriger Kriminalroman ist das Gegenteil etwa eines „Allmen“-Krimis von Martin Suter. Schamlos, derb, dick aufgetragen steht Krantz‘ Stil ganz im Zeichen umgangssprachlicher Überfülle, die ziemlich ätzend und immer wieder auch ziemlich witzig ist. Schockierende Gewaltverbrechen eines Serienmörders werden so durch Übersteigerung und absichtlich unpassende Kontraste — allen voran die Ausfälligkeiten und Krisen des männlichen Ermittlerparts, Thomas Harder — weggelacht, ohne verharmlost zu werden.
Harder steht auch im Zentrum der Geschichte und läuft mit seiner mehr als verhaltensauffälligen, ins psychologische Extrem gesteigerten Persönlichkeit dem eigentlichen Kriminalfall fast den Rang ab. Er ist selbst ein Grenzgänger des Todes, der bezeichnenderweise bei einer um Haaresbreite tödlich endenden Partie russischen Roulettes in die Geschichte eingeführt wird. Nicht nur zwielichtige Gangster aus der mafiösen Halbwelt verfolgen Harder, sondern auch fast noch bedrohlichere seelische Dämonen, deren Vorgeschichte in diesem ersten Harder-Krimi jedoch nur angedeutet wird. In der Folge einer wohl aus dem Ruder gelaufenen früheren Ermittlung steht er mit dem Staatsanwalt auf Kriegsfuß und überhaupt im Polizeidienst auf Abruf, was ihn aber keinesfalls dazu verleitet, irgendwelchen Autoritäten unterwürfig zu begegnen, im Gegenteil. Nur sein Wille zur Verbrechensaufklärung, seine Wut auf den mädchenmordenden Psychopathen leiten ihn und sorgen dafür, dass sein Überlebenstrieb die Oberhand gegenüber seinen Todessehnsüchten behalten kann.
Seine Methoden sind dabei natürlich durch und durch unkonventionell, womit er seine junge neue Kollegin und Vorgesetzte, Vogt, eine sehr korrekte, kontrollierte und zudem kampfsporterprobte Veganerin, die den neuesten Profilingansätzen der Kriminalpsychologie gegenüber aufgeschlossen ist, immer wieder vor den Kopf stößt. Aus dem konfliktreichen Antagonismus der beiden Ermittler ergibt sich auch wesentlich die Dynamik der Erzählung, die zwar nicht völlig überraschend ist, aber auf ihre Weise doch ziemlich spannend und witzig: nicht für jeden Geschmack, aber auf jeden Fall ein gefundenes Fressen für alle, die der Krimisucht anheimgefallen sind!
Bibliographische Angaben
Gereon Krantz: Unter pechschwarzen Sternen, Pro Talk (2017)
ISBN: 9783939990444
Bildquelle
Gereon Krantz: Unter pechschwarzen Sternen
© 2017 ProTalk Verlags GmbH